Gut, wenn wir einander haben
Als Single, der vermutlich – wie die meisten – allein wohnt, wirst du diese Frage gut kennen: Was tun an freien Tagen? In den Zeiten, in denen Familien am Frühstückstisch gemeinsam überlegen, was sie unternehmen, oder einfach das tun, was schon lange geplant war, schauen Singles oft in die Röhre.
Was kannst du tun, um für gute Beschäftigung und wohltuendes Miteinander zu sorgen an Tagen, an denen du frei hast und die du gerne bewusst gemeinsam mit anderen gestalten willst? Ich hätte da ein paar Ideen. Und weil wir Menschen sehr unterschiedlich sind, schlage ich jetzt nichts Konkretes wie einen Spieleabend, Spaziergang oder ein gemeinsames Dinner vor – sondern starte quasi eine Ebene höher: bei den hilfreichen Vorüberlegungen. Die konkreten Ideen findest du dann sicher selbst – oder am besten gleich gemeinsam mit den Menschen, mit denen du unterwegs sein willst.
Überlegen, was ich brauche
Die Reise beginnt mit der Frage, was du eigentlich brauchst. Eher etwas Ruhiges wie einen Waldspaziergang? Oder etwas Lebendiges wie einen Shopping-Trip in die nächste grosse Stadt? Eine lange Wanderung, ein kurzer Spaziergang, ein Tag in der Therme oder an der Kletterwand? Wir Menschen ticken unterschiedlich und brauchen in unseren Erholungszeiten auch Unterschiedliches, um abzuschalten und aufzutanken. Und das wiederum kann dann auch von Tag zu Tag unterschiedlich sein. Überlege dir, was du an deinem nächsten freien Tag, den du gerne planen möchtest, brauchen könntest für deinen Körper, deine Seele und deinen Geist. Und dann überlege dir auch, wie viel Zeit du investieren und mit jemand anderem verbringen möchtest. Trau dich, deine Zeit auf eine oder drei Stunden zu begrenzen – und kommuniziere das entsprechend guten Gewissens. Damit sorgst du gut für dich selbst und birgst Missverständnissen vor.
Miteinander reden
Das mit der Kommunikation ist ja so eine Sache. Ich finde, dass wir grundsätzlich zu wenig miteinander teilen und zu wenig zuhören. Ich merke es gerade bei Singles, die allein leben: Wir haben oft so einen Redebedarf! Das ist okay. Zuhören und dem anderen mein Ohr schenken ist allerdings auch wichtig. Denn das öffnet mir die Welt des anderen und bringt mich vielleicht sogar auf Ideen für eine nächste Verabredung. Lass uns also einander mehr in den Blick nehmen und ehrlich miteinander teilen, was uns bewegt und was wir brauchen. Paare und Familien haben automatisch immer einen Ansprechpartner (wobei das oft auch nur in meiner Theorie so ist, wie ich gelernt habe). Wenn ich nicht erzähle, wie es mir geht, wird es nie jemand erfahren – und das gilt nicht nur für die Singles. Gerade für uns ist es hilfreich, aus dem Leben der Paar- und Familienmenschen zu hören – und andersherum. Also trau dich, aus deinem Leben zu erzählen, wenn der Rahmen passt – und ein gemeinsamer Ausflug ist ein toller Rahmen.
Wenn du die erste Idee ausprobiert hast, kannst du es gleich üben und deine Bedürfnisse teilen und die des anderen erfragen. Und dann schaut ihr, wie ihr am nächsten freien Tag zusammenpassen könntet.
Freundeskreis erweitern
Ich kenne viele Singles, die sich fast nur unter ihresgleichen bewegen. Und nicht nur das: auch nur mit solchen, die ähnlich ticken wie sie selbst. Das ist nichts Ungewöhnliches – denn so ticken wir Menschen: Wir umgeben uns gerne mit anderen, zu denen wir gut passen und die gut zu uns passen. Das macht vieles einfach. Allerdings hindert das oftmals unser Wachstum. Denn Menschen von unserem Schlag sagen uns nur selten die Meinung und eröffnen uns keine neuen Welten. Klar, oft ist das hilfreich, wenn wir einander verständnisvoll über die Wange streichen und sagen, wie schlimm und anstrengend und gemein das alles ist. Aber wer fordert mich heraus, ermutigt mich zu neuen Schritten und öffnet mir eine andere Sichtweise?
Um die zwar angenehme, aber selten hilfreiche Selbstmitleidsschleife zu verlassen, brauche ich Menschen, die mir ab und zu auch den Kopf waschen und mich in den Hintern treten. Oder noch besser: Die mich in einen lebensverändernden Sog ziehen, der mich mitreisst auf neue Wege.
Besonders wenn es ums Gestalten der freien Zeit geht, könntest du doch mal überlegen, welches Kind du «ausleihen» könntest oder in welche Familie du dich integrieren oder welche verwitwete alte Dame du mit deiner Gegenwart beschenken könntest. So kann diese alte Liedzeile «Gut, dass wir einander haben» eine wundervolle Lebendigkeit entfalten!
Räumliche Rahmenbedingungen schaffen
Manchmal scheitert die tolle Freizeitgestaltung auch an meinen Rahmenbedingungen. Wenn ich als Single eine Ein-Zimmer-Wohnung habe, in der das Bett selten gemacht wird, und einen Esstisch, an dem genau ich Platz finde – dann kann das schwierig werden mit dem Miteinander. Allerdings gibt es für Ein-Zimmer-Wohnungen tolle Schrankbetten, und für kleine Wohnküchen ausziehbare oder ausklappbare Tische, die ein flexibles Miteinander mit vielen erlauben.
Wir Menschen brauchen Gemeinschaft mit anderen. Das hat schon der Schöpfer gewusst – darum sagt er ganz am Anfang unserer Geschichte: «Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei!» (1. Mose 2,18). Nein, das ist erst mal kein Aufruf, eine Ehe einzugehen, wie es mir oft entgegenschallt – sondern die schlichte Feststellung Gottes, dass der Mensch nicht einsam bleiben darf. Denn dafür sind wir nicht geschaffen. Gott selbst ist ja zu dritt: Vater, Sohn, Heiliger Geist. Wir als seine Ebenbilder brauchen das auch: andere. Gemeinschaft. Leute um uns herum.
Aber wie soll das gehen, wenn schon rein räumlich kein Platz für andere ist? Klar, du kannst immer ausgehen, zu anderen hin. Ich empfehle dir aber auch, in deinen eigenen vier Wänden hilfreiche Rahmenbedingungen zu schaffen.
Wie willst du eine Horde Menschen zum Essen, Handarbeiten oder Spielen (oder was auch immer du gerne machst) einladen, wenn der Platz zu Hause das nicht hergibt? Mein Tipp: Setze Prioritäten. Vielleicht kann die Sofalandschaft im Wohnzimmer einem grossen bzw. ausziehbaren Tisch Platz machen. Möglicherweise reicht dir ein platzsparender Lese- und Fernsehsessel, um den Raum für mehr Menschen an einem gemütlichen Tisch zu haben? Genauso das Auto: In einem Smart oder VW Polo wirst du schwerlich zu viert in den Urlaub fahren können. Aus diesem Grund fahre ich schon lange einen kleinen Kombi. Da ist Platz für die Patenkinder und Freunde. Aber ehrlich: Wenn man will, kann man auch zu viert im Polo nach Italien fahren ...
Ich wünsche dir, dass dich diese Ideen auf deine ganz eigenen Ideen bringen. Dass du deine Rahmenbedingungen reflektierst und möglicherweise anpasst. Dass du deinen Freundeskreis erweiterst mit Menschen, die du bis dato so gar nicht auf dem Schirm hattest. Dass du deine Bedürfnisse erkundest und formulierst und sie im Gespräch mit anderen teilst – und dabei das Zuhören nicht vergisst. Denn es ist wirklich gut, dass wir einander haben.
Tina Tschage ist freiberufliche Theologin, Autorin und Personal- & Organisationsentwicklerin und zu Hause in der christlichen Lebensgemeinschaft SegensReich in München.
«Wir Menschen ticken unterschiedlich und brauchen in unseren Erholungszeiten auch Unterschiedliches, um abzuschalten und aufzutanken.»
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