Geplatzte Gastfreundschaft
Mit viel Enthusiasmus wurde am Brückenbau zwischen den Kulturen gearbeitet. Ein Austauschprogramm sollte deutsche und israelische Jugendliche zusammenbringen, doch dann kam der 7. Oktober 2023.
In einer Welt, die von Konflikten und Missverständnissen geprägt ist, sind Jugendaustauschprogramme ein Lichtblick, der Hoffnung auf Verständnis und Frieden bietet. Das deutsch-israelische Jugendaustauschprogramm in der Prignitz war ein solches Projekt, das darauf abzielte, junge Menschen aus unterschiedlichen Kulturen zusammenzubringen. Die Vorbereitungen waren getroffen: Partner in Israel waren gefunden, Jugendliche in der Prignitz bereit, Termine für den Austausch in beiden Ländern festgelegt. Die Gastfreundschaft sollte grossgeschrieben werden, indem jeder Teilnehmer bei seinem Austauschpartner zu Hause schlafen würde. Das Programm war geklärt, und die Finanzierung durch Fördergelder gesichert. Alles schien bereit für einen erfolgreichen Austausch.
Gescheitert im Hass
Doch dann kam der 7. Oktober, ein Tag, der als dunkler Moment in die Geschichte eingehen sollte. Ein Massaker, verübt von der Hamas an Juden, erschütterte die Grundfesten des Projekts. Der Hass und die Angst, die durch diese Tat entstanden, zerstörten die Pläne und Hoffnungen aller Beteiligten. Was als Brücke der Verständigung gedacht war, wurde durch Gewalt und Terror untergraben. Wir Organisatoren standen vor einem Dilemma: Wie kann man nach einem solchen Ereignis weitermachen? Wie kann man die Jugendlichen motivieren, den Glauben an das Gute nicht zu verlieren? Es war ein Kampf gegen die Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung, ein Versuch, aus der Asche der zerstörten Träume etwas Neues zu erschaffen.
Die Antwort liegt vielleicht nicht in der Wiederholung dessen, was war, sondern in der Schaffung eines neuen Weges. Ein Weg, der nicht nur den Austausch von Kulturen, sondern auch den Austausch von Erfahrungen des Leidens und der Überwindung beinhaltet. Ein Programm, das nicht nur auf Besuche und Gastfreundschaft ausgerichtet ist, sondern auch auf die gemeinsame Arbeit an Projekten, die den Frieden fördern und den Hass überwinden. Die Freude darüber, dass es klappen könnte, muss in die Motivation umgewandelt werden, weiterzumachen. Es ist ein schwieriger Weg, aber einer, der gegangen werden muss, wenn wir eine Zukunft anstreben, in der Verständigung und Frieden die Oberhand gewinnen. Das Scheitern des Projekts ist nicht das Ende, sondern ein Anstoss, um mit noch grösserer Entschlossenheit voranzuschreiten.
Die Lehren aus diesem Scheitern sind klar: Wir müssen resilient sein, dürfen uns nicht von Angst leiten lassen und müssen immer wieder den Mut finden, Brücken zu bauen, selbst wenn sie einmal einstürzen. Die Jugendlichen aus der Prignitz und ihre israelischen Partner haben eine wichtige Rolle zu spielen – sie sind die Baumeister einer Welt, in der Toleranz und Verständnis die Grundpfeiler sind.
Gesät auf Hoffnung
Das deutsch-israelische Jugendaustauschprogramm in der Prignitz mag gescheitert sein, aber die Vision, die es verkörperte, lebt weiter. Es ist an uns allen, diese Vision zu verwirklichen und sicherzustellen, dass die Saat der Hoffnung, die in Prignitz gepflanzt wurde, eines Tages aufgehen wird. Denn nur durch Verständigung und Zusammenarbeit können wir eine Welt schaffen, in der solche Tragödien der Vergangenheit angehören.
Pfarrer Helmut Kautz (53) leitet zusammen mit seiner Frau Almut als Prior die 2020 gegründete geistliche Gemeinschaft «Quellort Marienfliess» und probiert innovative Schritte hin zur «Kirche auf dem Markt» in seinen evangelischen Gemeinden in Meyenburg und Schabernack aus. Mit einem Pferdefriedensglockentreck will er 2025, 80 Jahre nach Kriegsende, eine aus Militärschrott gegossene Glocke mit Pferdegespannen nach Jerusalem bringen.
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