Pakistan, ein Jahr nach den Gewaltakten

Angst und Unsicherheit unter den Christen in Pakistan
Ein Jahr nach den schweren Übergriffen auf Christen in Jaranwala leben viele Mitglieder der christlichen Gemeinschaft in Pakistan in ständiger Angst vor neuer Gewalt. Die erhoffte Gerechtigkeit lässt auf sich warten.

Am 16. August 2023 kam es in der pakistanischen Stadt Jaranwala zu einem beispiellosen Ausbruch von Gewalt gegen Christen. Ein wütender Mob von mehreren tausend Menschen zerstörte 25 Kirchen und verwüstete mindestens 85 Häuser. Auch ein Jahr nach diesen Ereignissen leben die Christen vor Ort in Angst und Unsicherheit. Versuche, den Jahrestag mit Gottesdiensten zu begehen, wurden durch Warnungen der Behörden im Keim erstickt.

Ein Gemeindeleiter aus Jaranwala, Pastor Yaqub Yousif, bringt die Stimmung vor Ort auf den Punkt: «Die Menschen sind verunsichert und beunruhigt durch das Fehlen von Gerechtigkeit.»

Die Behörden, die für den Schutz von Minderheiten und die Durchsetzung von Recht und Ordnung zuständig sind, scheinen aus Sicht vieler Christen ihrer Aufgabe nicht gerecht zu werden. «Was können die Menschen als schwache Minderheit tun, wenn die Institutionen, die für Gerechtigkeit zuständig sind, nicht helfen?», fragt Pastor Yousif.

Hoffnungen auf Gerechtigkeit enttäuscht

Die Frustration in der christlichen Gemeinschaft ist gross, zumal bisher kaum jemand für die Gewalt zur Rechenschaft gezogen wurde. Zwar wurden 305 Personen verhaftet, doch die meisten sind wieder auf freiem Fuss.

Nur eine Person, der Christ Ehsan Shan, wurde verurteilt – ironischerweise wegen Blasphemie, nachdem er beschuldigt wurde, ein blasphemisches Bild in sozialen Medien geteilt zu haben. Dieser Vorwurf hatte den Gewaltausbruch überhaupt erst ausgelöst.

Yaqub Yousif äusserte deutliche Zweifel an der Gerechtigkeit des Urteils: «Ich möchte klarstellen, dass Christen niemals daran denken würden, den Koran oder den Propheten zu beleidigen. Solche Entweihungen haben für uns keinen Wert.» Viele Christen, die zunächst versucht hatten, gegen die Angreifer juristisch vorzugehen, wurden eingeschüchtert und sahen sich gezwungen, ihre Klagen fallen zu lassen.

Hoffnungslosigkeit und Fluchtgedanken

Bischof Indrias Rehmat aus Faisalabad teilt die Besorgnis über den Mangel an Gerechtigkeit. «Die Menschen haben Angst und fühlen sich hoffnungslos, weil ihnen bisher keine Gerechtigkeit widerfahren ist. Manche sind wütend und wollen auf die Strasse gehen.»

Doch was können sie tun? «Gerechtigkeit kann nur die Regierung schaffen», sagt Rehmat. Dass die Täter grösstenteils auf Kaution freigelassen wurden, macht die Gemeinde unruhig.

Auch Pater Boniface «Bonnie» Mendes, ein führender Priester der Diözese Faisalabad, drückte bei einem Besuch in Grossbritannien seine Bestürzung aus: «In den letzten zwölf Monaten wurde keine Gerechtigkeit geübt. Die richtigen Leute hätten verurteilt werden müssen, aber das ist nicht geschehen. Die Regierung hat sich als schwach erwiesen und scheint machtlos zu sein.» Dieser Mangel an Unterstützung und Schutz führe dazu, dass sich viele Christen immer weiter zurückzögen und darüber nachdächten, Pakistan zu verlassen.

Gleiche Rechte gefordert

Naeem Youssif Gill, der Geschäftsführer der «Nationalen Kommission für Gerechtigkeit und Frieden» (NCJP) der katholischen Kirche, forderte konkrete Massnahmen, um die Sicherheit der christlichen Gemeinschaft zu gewährleisten.

«Die Justiz muss im Geiste der Gleichheit und auf der Grundlage des Gesetzes ausgeübt werden.» Dazu gehöre auch, provokative Lautsprecheraufrufe zu unterbinden, extremistische Gruppen zu verbieten und Hetzschriften zu beschlagnahmen. Es müsse sichergestellt werden, dass diese Massnahmen erfolgreich sind und konsequent umgesetzt werden.

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Autor: Jennifer Moreno / Daniel Gerber
Quelle: Christian Today / gekürzte Übersetzung: Livenet

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