«Auslöschung» – brisant und hochaktuell

Guiseppe Gracia im Livenet-Talk
Giuseppe Gracia hat einen neuen Roman geschrieben mit dem einladenden Titel «Auslöschung» – ein «experimenteller Roman», wie er selbst sagt und den zu schreiben ihm grossen Spass gemacht hat. Florian Wüthrich taucht mit ihm ein Stück ins Buch ein.

«Ich hab einfach mal losgelegt mit Schreiben», bekennt Autor Giuseppe Gracia. Im Buch geht es um einen Menschen, der gerade nicht weiss, ob er bei einem islamistischen Terroranschlag auf einer Berliner Schickimicki-Party nun umgekommen ist oder nicht. Es geht um Karrierewahn, Selbstoptimierung, Suizid – auf dem Hintergrund von Islam, Kapitalismus und der europäischen Wertekultur, die nicht mehr trägt. Da sieht man Schauspieler, Internetmilliardäre, Modeschöpfer, Homosexuelle, Politiker, ein Schweizer Tennisstar ist auch darunter – «was alles dazugehört in dieses System», das nicht mehr funktioniert. Wie schon in seinen früheren Büchern spricht Gracia die tiefen Probleme an, die hinter unserem europäischen Lifestyle stecken, der das Christentum als frühere Leitkultur abgelöst hat.

Über Jahrzehnte eingeübte Feigheit

Eine Gesellschaft, die das Individuum feiert und doch zutiefst konformistisch ist. Explizit spricht der Autor die Feigheit an, die es nicht mehr zulässt, aus diesem Denkgefängnis auszubrechen, «eine Feigheit, die wir in unserer Erziehung und in unseren Schulen und in unseren Medien und in unseren Unternehmen und in unseren Parlamenten jahrelang zugelassen und verinnerlicht haben – als Teil unserer wohlstands-verblödeten Existenzweise».

Gracia: «Man lernt es schnell, schon als Kind in der Grundschule – ich habe ja auch Kinder – dass man, wenn man wirklich selbstständig denkt, relativ schnell an Grenzen kommt: Sie sagen, ja, das ist ein Problem und dann wird man problematisiert und pathologisiert, also musst du mitspielen.» Die Folge: «Wenn ich mich quer stelle, das heisst, wenn ich ein Original und keine Kopie bin, dann werde ich ein Problem haben und das lernst du als Kind schon.» Man gewöhne sich an diesen Opportunismus und «lehnt sich besser nicht aus dem Fenster».

Wurzeln des Terrorismus

Das andere grosse Thema: Es sind islamistische Terroristen, die die Gesellschaft überfallen und den westlichen Lebensstil anklagen. Aber was ist eigentlich ihre Ideologie, die dahintersteckt? Das werde in Europa meist schamhaft verschwiegen. «Früher hat man die Hintergründe des Terrorismus thematisiert, sei es bei der RAF oder in Nordirland. Man hat das thematisiert, welche Konzepte, welche Ideen dahinterstecken. Aber beim islamistischen Terror wird die Ideologie als solche gar nicht gross diskutiert. Seit den Anschlägen in Israel hat es sich ein bisschen verändert, man spricht jetzt mehr auch über islamische Wurzeln von Gewalt. Aber es ist immer ganz verhalten und irgendwo ganz im Hintergrund; dominant bleibt nach wie vor die Reduktion des Problems auf Integrationsfragen.»

Wenn man nach den Wurzeln des Terrorismus fragt, bringt Gracia spannende Parallelen zwischen Islamismus und Kommunismus – mit dem Hinweis, dass er selbst ja früher auch «ziemlich marxistisch drauf war»:  «Das marxistische und das islamische, islamistische Denken sind gar nicht so weit voneinander entfernt. Beide sagen, der Kapitalismus ist ein Krebsgeschwür für die Seele. Beide sagen, Imperialismus ist der westliche Sündenfall und beide wollen den Westen, wie er jetzt ist, mit den jüdisch-christlichen Wurzeln ausreissen.» Ersetzen wollen sie die westliche Gesellschaft durch das Haus des Islam bzw. durch die klassenlose Gesellschaft.

Das Anti-Israel-Narrativ

Dabei ist der christliche Glaube mit seinen jüdischen Wurzeln die Basis für die europäische Freiheit. Gracia ist zutiefst überzeugt: «Ohne mehr gelebtes Christentum wird es schwierig, unsere Freiheit zu erhalten.» Darum müssten Christen aktiver werden. Er sieht seit dem 7. Oktober ein Aufwachen und ein Erkennen, dass das «Pro Palästina-Narrativ eigentlich ein Anti-Israel-Narrativ ist». Konkret: «Es geht gar nicht um Palästina, es geht darum, gegen Israel zu sein.» Gracia weiter: «Das hat viele Leute aufgeschreckt, glaube ich, und ich hoffe, dass das nicht wieder versandet, sondern dass das dazu führt, dass man genauer hinschaut, was wir eigentlich hier für ein Problem am Hals haben.»

Auslöschung und Liebe

Am Schluss des Gesprächs geht es noch einmal um den «schweren» Titel des Romans «Auslöschung». Illusionen werden ausgelöscht, Leben wird ausgelöscht – und trotzdem «ist es deswegen für mich kein pessimistisches Buch, es hat einen unglaublichen Freiraum drin für die Ewigkeit», so der Autor. Und sowieso: «Die Realität des 7. Oktober toppt mein Buch an Brutalität um das Zwanzigfache», erklärt Gracia unter Berufung auf Journalistenkollegen, die das ganze Videomaterial des Hamas-Überfalls gesehen haben: «Die haben gesagt, das willst du nicht sehen, du willst das nicht sehen, wirklich nicht, oder?»

Die grosse Herausforderung bleibt für den bekennenden Christen Gracia: «bei dem ganzen Grauenvollen die Liebe zu finden. Von der Liebe Abschied zu nehmen, ist das Schlimmste, was man machen kann als Christ. Das christliche Leben ist ja kein Schönwetterprogramm, das war es nie; das war es bei Jesus nicht und ist auch bei uns nicht so.»

Sehen Sie sich den Talk mit Giuseppe Gracia an:

 

Zum Thema:
Gott ins Gespräch bringen: Kolumnisten von Nau.ch und BLICK im Livenet-Talk
Der letzte Feind: Neues Buch von Giuseppe Gracia
Nach Bonnemain-Ernennung: Grosses Aufatmen in der Schweiz

Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet

Publireportage
Werbung
Livenet Service
Werbung