Flavio Simonetti: «Unaufhaltsam ist eine Entscheidung»

Flavio Simonetti war als Fitness-Influencer bekannt.
Er war einer der ersten Fitnesstrainer im deutschsprachigen Internet und hatte zig Millionen Klicks. Inzwischen coacht er erfolgreich Unternehmer. Mit Flavio Simonetti sprach Hauke Burgarth.

«Jeder sollte etwas haben, wofür er brennt», betont Flavio Simonetti (39) schon lange. Der ehemalige Bodybuilder weiss, wovon er spricht, wenn er von Ehrgeiz, grossen Zielen und Willensanstrengung spricht. Aber er kennt auch ein Leben, das an eigenen Wünschen und Gottes Plänen vorbeigeht.

Auf Umwegen zum Glauben

Flavio stammt aus einem christlich geprägten Elternhaus – der Vater ist katholisch, die Mutter besucht eine Freikirche. Sie nimmt ihn mit und es gefällt ihm als Kind auch gut: Er findet dort Freunde, ist bei den Pfadfindern aktiv und sitzt auch regelmässig in den Gottesdiensten, doch die dauern lange in der Würzburger Pfingstgemeinde. So schleicht er sich als Teenager immer öfter mit seinen Kumpels kurz nach Beginn hinaus, um rechtzeitig zum Abschluss nach gut zweieinhalb Stunden wieder da zu sein.

In der Folgezeit spielt der Glaube allerdings kaum noch eine Rolle in seinem Leben: Mit 15 schliesst Flavio die Hauptschule ab, besucht noch die Wirtschaftsschule, fährt eine Weile Pizza aus, verkauft Versicherungen und findet schliesslich einen Ausbildungsplatz als Biologielaborant – kein Traumjob, aber immerhin etwas. Parallel dazu versucht er, ein frühes Lebensziel zu erlangen: Er will reich werden. So spielt er Roulette, setzt Geld bei Sportwetten und handelt bei Ebay – viel Erfolg hat er nicht damit.

Da er als Laborangestellter nur wenig verdient, macht er sich nach der Ausbildung selbstständig, arbeitet mal als Laborfahrer, mal als Messebauer. Die grosse Wende kommt für ihn mit 23, als er eines Abends in der Stadt eine Dummheit begeht. Mit seinem Auto steht er neben einem grossen BMW an einer roten Ampel. Die Fahrer wechseln Blicke, spielen mit dem Gaspedal und liefern sich schliesslich ein Autorennen à la «Fast and Furious». Sie rasen mit 160 Sachen durch die Stadt, Flavio verliert in einer leichten Kurve die Kontrolle über den Wagen und fährt frontal gegen einen Baum. Das Auto ist hin, aber er selbst ist wie durch ein Wunder unverletzt. Sein letztes Geld geht für die Bergung des Wagens drauf. Er läuft heim und dort kniet sich Flavio hin und betet – einerseits ist er dankbar, dass er noch lebt, andererseits ist ihm klar, dass es so nicht weitergeht. «Gott», sagt er, «ich habe in den letzten Jahren so viel probiert und alles ist schiefgegangen. Mach du etwas daraus – ich allein schaffe es nicht.» Er besucht wieder seine Gemeinde, orientiert sich an Gott und nun kommt etwas in seinem Leben in Bewegung.

Als Influencer erfolgreich

Wieder einmal hat Flavio einen Einfall, als Selbstständiger etwas Verrücktes zu machen, doch diesmal weiss er: «Das war Gottes Idee, nicht meine.» So wird er zu einer Zeit Fitnesscoach, bewirbt eBooks und Online-Videokurse zum Thema Muskelaufbau, als das noch relatives Neuland ist. Tatsächlich wird er im deutschsprachigen Umfeld zum ersten bekannten Youtuber im Fitnessbereich und erreicht mit seinen Angeboten über 100 Millionen Zuschauer. Der Erfolg als Influencer lässt ihn Gott allerdings nicht vergessen: Er weiss, dass dieser letztlich die Quelle des Segens und seines Einflusses ist und sagt das auch so weiter. «Rein logisch betrachtet hätte ich keinen Erfolg haben dürfen», unterstreicht er, «ich kannte niemanden und niemand kannte mich. Aber Gott hat aus nichts etwas gemacht.» Es sind nur wenige, die der damalige Bodybuilder damit irritiert – die meisten nehmen ihm seinen Glauben gern ab.

Auf zu neuen Ufern

2012 heiraten Hannah und Flavio. Sie kennen sich schon lange aus seiner Gemeinde. Etwas später hat er den Eindruck, dass beruflich etwas Neues dran sein könnte. Der Fitnessmarkt verändert sich und Flavio probiert einiges aus, unter anderem dreht er 2015 einen Kurzfilm, in dem er als Fitnesstrainer in einen jungen Mann investiert, der dabei ist, auf die schiefe Bahn zu geraten: «Naturgewalt». Als das erste von seinen heute drei Kindern auf die Welt kommt, ist das für ihn ein «Game Changer und neue Herausforderungen für Arbeits- und Privatleben». Im Gespräch mit anderen Unternehmern merkt er, dass viele auf der Suche nach einer gesunden Balance sind – und dass er in diesem Bereich etwas zu sagen hat.

Die Corona-Pandemie beschleunigt sein Überlegen: Seinen Bekleidungsversand «Natural Athlet» behält er bei, nach wie vor engagiert er sich im Leitungsteam seiner Würzburger Gemeinde und darüber hinaus beginnt er, Führungskräfte und Selbstständige zu coachen, damit diese Klarheit in der eigenen Positionierung, aber auch in der Zeiteinteilung bekommen. Flavio stellt dabei keine Methode voran. «Das Wichtigste ist es für mich, diesen Menschen gut zuzuhören, um zu verstehen, was sie brauchen – und dann gemeinsam auf Gott zu hören.» Praktisch sieht das so aus, dass ein Fussballtrainer ihn anfragt und sie gemeinsam überlegen, in welchem Bereich er sich sinnvollerweise einsetzen könnte, um ausreichend zu verdienen. Flavio schlägt ihm irgendwann vor, sich zu spezialisieren: «Trainer gibt es wie Sand am Meer, aber du bist der erste Mittelfeldcoach.» Der Erfolg scheint ihm Recht zu geben.

Geld und Vision

Zu Beginn seiner Karriere will Flavio unbedingt schnell und einfach reich werden. Heute lächelt er und meint: «Ich weiss, dass ich damit einigen auf die Füsse trete, aber ich finde es immer noch gut und richtig, wenn wir Christen gutes Geld verdienen, weil wir das quasi ins Reich Gottes einzahlen können.» Ohne Finanzen tun sich Kirchen und Gemeinden hierzulande genauso schwer wie Missionsteams im Ausland oder karitative Projekte. «Es ist meine Leidenschaft, Menschen auf dem Weg dorthin zu helfen», erklärt er.

Nach einigen Startschwierigkeiten im eigenen Unternehmerdasein geniesst Flavio es heute, gut zu verdienen und geben zu können. Und seine Frau und die Kinder geniessen es, dass er zwar auch stressige Tage hat, sich aber konsequent Zeit für sie nimmt. «Wenn ich um fünf zu Hause sein will, dann schalte ich den Computer einfach ab – und das Wochenende gehört ohnehin der Familie.» Inzwischen coacht Flavio nicht nur Unternehmer, sondern auch normale Angestellte und Familien, denn das meiste ist direkt auch in andere Lebens- und Arbeitswelten übertragbar. Als gemeinsame Basis sollte aber der Glaube da sein, denn Flavios Ansatz beruht auf dem Hören auf Gott und dem Vertrauen auf seine Kraft. Dann wird man in der Tat «unaufhaltsam» – mit diesem Slogan schliessen Flavio Simonetti und sein Freund Sebastian Schick jeden ihrer gleichnamigen Podcasts: «Unaufhaltsam ist eine Entscheidung.»

Zur Website:
Flavio Simonetti

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Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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