Quanten-Physiker

Naturgesetze weisen auf «Tieferes» hin

Für den Wiener Quanten-Physiker Anton Zeilinger weisen die Naturgesetze auf etwas «Tieferes» hin. Es wäre allerdings ein Fehler, aus den Naturgesetzen Gott beweisen zu wollen. «Allein der Versuch, Gott zu interpretieren, ist angesichts der Kleinheit und Unbedeutsamkeit der Menschen wahnsinnig arrogant und lächerlich», so Zeilinger in einem Interview in der aktuellen Ausgabe der Franziskaner-Zeitschrift in Österreich «antonius».
Quanten-Physiker Anton Zeilinger

Er vertrete, was Gott betrifft, eher einen mystischen Standpunkt, bekannte Zeilinger: «Man kann einiges verstehen, Gott ist aber nicht fassbar.» Der Physiker wies alle Stimmen zurück, wonach Wissenschaft und Religion einander widersprechen würden. «Glaube und Wissenschaft bilden keine Gegenpole, sie ergänzen einander.» Es gebe sehr tiefgreifende Fragen, die die Wissenschaft nicht beantworten könne und auch nie können werde: «Welchen Sinn hat unser Leben. Woher kommen die Naturgesetze? Warum gibt es überhaupt die Welt?».

Zeilinger: «Das sind Grenzfragen der Naturwissenschaft, die genau dort ansetzen, wo die Menschen heute nach Antworten und Perspektiven für ihr Leben suchen.» Bekannt wurde Zeilinger vor allem für seine Forschungen im Bereich der Quantenphysik. Zur Frage nach den Folgen dieser Erkenntnisse sagte er: «Die grösste Auswirkung hat die Quantenphysik mit Sicherheit auf unser mechanistisch dominiertes Weltbild als Erklärungsmodell - das Kausalitätsprinzip ist in dieser Form nicht länger haltbar.»

Bisher hätten die Menschen geglaubt, dass es für alles einen Grund beziehungsweise eine Ursache gibt. Der quantenmechanische Einzelprozess sei jedoch rein zufällig und nicht kausal erklärbar. Zeilinger: «Die Konsequenzen für unser Weltbild müssen sicher erst verarbeitet werden.» Zur Frage nach Grenzen der Wissenschaft meinte Zeilinger, dass es sehr schwierig sei, ethische oder moralische Grenzen zu ziehen.

Grenzen der Forschung

«Wenn es um die Wissenschaft selbst geht, darf es keine Grenzen geben - im Sinne von `etwas wissen wollen`». Jedes Wissen lasse sich für etwas Positives oder Negatives einsetzen. Es gehe daher vielmehr um die Frage nach der Anwendung von Wissen, so Zeilinger: «Da müssen wir alle als Gesellschaft genau hinschauen und überlegen, ob bestimmte Entwicklungen den Menschen zugutekommen oder ihnen schaden.»
Wie schwierig diese Abwägung ist, zeige sich etwa am Beispiel der Kernenergie: «Was die wenigsten bedenken, ist, dass die Grundlagenforschung in diesem Bereich beispielsweise in der Medizin zur Erfindung der Computertomographie geführt hat. Eine Technologie, die jedes Jahr Millionen Menschen das Leben rettet.»
«antonius» ist die Zeitschrift der Franziskaner in Österreich und Südtirol.

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Datum: 24.07.2010
Quelle: Kipa

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