Forschungsprojekt

Kinder im Netz – zu oft allein gelassen

Im Auftrag der Europäischen Union hat die London School of Economics and Political Science in einem breit angelegten Forschungsprojekt die Internet-Nutzung von Kindern dokumentiert. Sie nutzen es intensiv, vielfältig und bereits ab acht Jahren.
Kinder im Internet

Rund 23.000 Kinder zwischen 9 und 16 Jahren aus 25 europäischen Ländern wurden in der ersten Jahreshälfte 2010 befragt. Teilweise wurden auch die Eltern in die Befragung einbezogen.

92 Prozent der Kinder gehen mindestens einmal wöchentlich ins Internet. Sie tun dies meistens zu Hause (85 Prozent) oder in der Schule (63 Prozent). Bereits knapp ein Drittel nutzt für den Internetzugriff manchmal auch das Handy.

Hausaufgaben vernachlässigt

Die Internet-Newbies werden immer jünger, in nordeuropäischen Ländern sind sie beim ersten Kontakt mit dem Netz der Netze acht Jahre alt. Wichtigste Gründe für die Internetnutzung sind Hausaufgaben (84 Prozent), Computer-Games (74 Prozent), Videoclips (83 Prozent) und das Chatten, der Austausch von Textnachrichten (61 Prozent). Rund die Hälfte der 12-Jährigen ist in einem sozialen Netzwerk wie Facebook präsent. Bereits werden auch die negativen Folgen einer übermässigen Internetnutzung sichtbar: Knapp ein Drittel der 11- bis 16-Jährigen gibt an, wegen des Internets auch schon Hausaufgaben oder Freunde vernachlässigt oder zu wenig geschlafen zu haben.

Die Risikien

Die Autoren der Studie verbinden mit der Internetnutzung bestimmte Risiken: die Konfrontation mit pornografischen Bildern, Cyber-Mobbing, sexuelle Anmache, Kontakt zu Fremden sowie Konfrontationen mit Gewalt verherrlichenden oder rassistischen Inhalten. 39 Prozent der befragten Kinder sahen sich solchen Risiken auch schon ausgesetzt, aber nur 12 Prozent bezeichneten dieses Erlebnis als belastend. 14 Prozent der 11- bis 16-Jährigen sahen sich schon mit Pornografie konfrontiert, nur 5 Prozent störten sich daran. 15 Prozent haben schon sexuell gefärbte Mitteilungen erhalten, 3 Prozent haben zugegeben, selber solche Mitteilungen verschickt zu haben.

Unwissende Eltern

Interessant ist, dass viele Eltern nicht wissen, was den Kindern im Internet widerfährt: 41 Prozent der Eltern, deren Kinder angaben, pornografische Bilder gesehen zu haben, glauben, dass ihr Kind solches noch nie zu Gesicht bekommen habe; mehr als die Hälfte der Eltern, deren Kinder Sex-Nachrichten zugeschickt erhielten, geben an, dass ihr Kind davon verschont geblieben sei.

Zum Thema:
Die Dokumentation zum Forschungsprojekt

 

Datum: 05.11.2010
Autor: Fritz Imhof
Quelle: SF Schweizer Fernsehen