Heuschrecken und Maden als ökologische Nahrungsalternative?

Essbare Insekten
Seitdem einige Insekten von der EU als Nahrungsmittel zugelassen wurden, wird das Angebot breiter. Doch sind Mehlwürmer tatsächlich die vielgepriesene Alternative? Sind sie schlicht «eklig»? Warum warnen manche Wissenschaftler davor?

Insekten auf dem menschlichen Speiseplan sind nichts Neues. Von Johannes dem Täufer heisst es: «Seine Speise waren Heuschrecken und wilder Honig.» (Matthäus, Kapitel 3, Vers 4) In anderen Kulturen gelten sie oft als Spezialitäten: Die teuren «Escamoles» werden auch mexikanischer Kaviar genannt und bestehen aus gekochten Ameisenlarven mit Öl und Knoblauch.

Für den westeuropäischen Raum ist die Idee relativ neu, solche Krabbeltiere zu essen. Bislang war es eher ein Hingucker bei Auftritten von Survival-Experten, wenn sie vor der Kamera einen Wurm oder Käfer verzehrt haben, um zu zeigen wie Ekel-resistent sie sind, jetzt soll es die Klimabilanz verbessern und den Fleischkonsum vermindern. Was ist dran an diesem Trend? Wie kommt man hier zu einer guten Entscheidung?

Was ist erlaubt – und was ist sinnvoll?

In der EU sind bislang vier Insektenarten als Lebensmittel zugelassen: Mehlwürmer, Wanderheuschrecken und seit 24. Januar auch Hausgrillen und Buffalowürmer. In den Supermärkten ist dies bislang kaum angekommen, allerdings dürfen jetzt Produkte verkauft werden, die diese Tiere (meist pulverisiert) enthalten. Das muss jedoch auf der Verpackung deutlich gekennzeichnet sein.

Da stünde dann zum Beispiel gross: «Pizza Speciale mit Insektenmehl». Das Zulassen der jeweiligen Insekten als Lebensmittel geschieht nur auf Antrag. Laut «Novel Food»-Verordnung muss die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit dies einzeln prüfen und genehmigen. In Zukunft dürfen diese Insekten nur verwendet werden, wenn sie aus Europa oder definierten Herkunftsländern stammen und hygienischen Mindestanforderungen genügen, doch für eine Übergangsfrist sind auch noch Insekten im Umlauf, die diese Standards noch nicht komplett erfüllen.

Im Dschungel der Informationen zu einer Entscheidung zu kommen, wie man sich selbst in dieser Frage verhalten soll, ist gar nicht so leicht. Verschiedene Faktoren können bei der eigenen Entscheidung eine Rolle spielen:

  • Der Ekelfaktor
  • Was steht in der Bibel dazu?
  • Welche Chancen bieten Insekten-Lebensmittel?
  • Welche Risiken und Probleme sind vorhanden?

Der Ekelfaktor

Er wird selten in der Diskussion erwähnt, doch er spielt eine wichtige Rolle. Ekel ist mehrheitlich nicht naturgegeben, sondern erlernt, deshalb gelten dicke Maden in Thailand als Delikatesse, bei uns jedoch nicht. Fakt ist, dass sich Menschen an vieles gewöhnen können, aber es oft nicht wollen. Wer Rosenkohl nicht mag oder sich beim Gedanken an Innereien schüttelt, wird auch keine besonderen Rezepte damit ausprobieren. Dasselbe gilt für Insekten – ob als Snack oder pulverisiert.

Was steht in der Bibel dazu?

Im Alten Testament gibt es zahleiche Speisegesetze für die Juden. Dabei kommen auch Insekten zur Sprache, unter anderem in 3. Mose, Kapitel 11. Dort wird ausführlich erklärt, welche Tiere damals gegessen werden durften und welche nicht. Insekten (interessanterweise als Vierbeiner beschrieben!) waren demnach bis auf einige Heuschrecken unrein. Die Versuche, diese Speisevorschriften als bleibende Ordnung oder gesundheitlich relevant festzuschreiben, werden von den meisten Theologen als gescheitert betrachtet.

Hauptpunkt bei den Speisegesetzen war es wohl, dass das Volk Israel sich von seinen Nachbarn unterscheiden sollte. Im Neuen Testament erklärt Jesus explizit zur Frage der Reinheit beziehungsweise Unreinheit: «'Selbst ihr habt es immer noch nicht begriffen?', erwiderte Jesus. 'Wisst ihr denn nicht, dass alles, was ein Mensch zu sich nimmt, ihn vor Gott nicht verunreinigen kann?'» (Markus, Kapitel 7, Vers 18) Diese Zusammenhänge erläutern die Theologen Walter Hilbrands und Titus Vogt ausführlich in einem Artikel des PRO Medienmagazin.

Welche Chancen bieten Insekten-Lebensmittel?

Momentan machen sich viele Gedanken über Nachhaltigkeit und zukünftige Ernährungskonzepte. Hier zeigen sich Vorteile bei einem vermehrten Nutzen von Insekten als Nahrung. Zunächst einmal gelten sie als gesund und sind eine hervorragende Quelle für Omega-3-Fettsäuren, Vitamin B und Proteine. Auch die Haltung von Insekten scheint wesentlich klimafreundlicher möglich als die der klassischen Fleischlieferanten Schwein und Rind und verursacht nur einen Bruchteil von deren Treibhausgas-Emissionen. Damit und mit einer breiten Verfügbarkeit und leichten Zucht könnten Insekten helfen, den Welthunger zu bekämpfen und eine wichtige Komponente für globale Ernährungskonzepte bilden (National Geographic).

Welche Risiken und Probleme sind vorhanden?

Allerdings gibt es auch deutliche Kritikpunkte. Die Ökobilanz ist keineswegs geklärt, weil die Insektenzucht relativ hohe Temperaturen benötigt – es muss also geheizt werden. Darüber hinaus weisen Wissenschaftler auf die Gefahr von Zoonosen hin, also durch Tiere übertragene Krankheiten (Stichwort: Covid-19). Der bekannte Kriminalbiologe Mark Bennecke nennt in einem Interview weitere Faktoren wie das zerstörerische Eingreifen in die Artenvielfalt und betont ausserdem: «Jede Art der Massenzucht endet darin, dass Medikamente und Gifte eingesetzt werden.» Denn eine Massenhaltung müsste es schon werden, um die Krabbler vom Luxussnack zur Nahrungsgrundlage vieler zu machen.

Weiterdenken gefragt

All das zeigt, dass die Frage weder hundertprozentig bejaht noch abgelehnt werden kann. Wie bei vielen anderen ethischen Entscheidungen gilt es, mindestens die oben genannten Kriterien zu prüfen und nicht vorschnell zu urteilen. Ein verantwortungsvoller Umgang mit der Schöpfung ist es wert, sich darüber Gedanken zu machen.

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Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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