US-Christen nehmen es mit Pornhub auf

Die meisten Pornos werden über Nacht angesehen
Inspiriert von dem Briten William Wilberforce (1759–1833), Kämpfer gegen Sklavenhandel, hat «Exodus Cry» der milliardenschweren Pornoindustrie den Krieg erklärt.

Das kleine christliche Werk «Exodus Cry» bekämpfte erst nur den herkömmlichen Sexhandel, doch schon bald gingen sie auch gegen die Ausbeutung in der Pornoindustrie vor. Im Mittelpunkt dieser Industrie steht eine räuberische Dynamik, die den Handel und die Ausbeutung von minderjährigen und nicht einwilligungsfähigen Teilnehmern beinhaltet.

«Wir sind nur wenige gegen eine milliardenschwere Industrie der Ausbeutung», sagt Daniel Garcia von «Exodus Cry». Wie David gegen Goliath mit fünf Steinen loszog, so hat auch «Exodus Cry» eine andere Taktik als viele seiner Mitstreiter: «Wir sagen nicht: ‚Pornos anschauen ist böse, lasst das!‘, sondern: ‚Die Profiteure von sexueller Ausbeutung und Übergriffigkeit muss man zur Rechenschaft ziehen, denn das ist eindeutig kriminell‘.»

Gegner Nummer eins der Pornoindustrie

Ihr Angriff auf Pornhub besteht aus drei Strängen: Zunächst schärften sie das Bewusstsein und erhöhten die Schwelle für das, was akzeptabel ist, durch Videos, Podcasts, Leitartikel und Beiträge in den sozialen Medien – kurz: Sie lösten Empörung aus. Dann setzten sie sich ein für Gesetze gegen kommerzielle sexuelle Ausbeutung. Drittens boten sie den Opfern einen Ausweg. Damit haben sie sich einen erbitterten Feind gemacht: «Wir sind jetzt Gegner Nummer eins der Pornoindustrie», resümiert Garcia.

Anfang 2020 schrieb Laila Mickelwait, damals bei «Exodus Cry», im Washington Examiner einen Gastkommentar «Time to Shut Pornhub Down» (dt. «Pornhub muss geschlossen werden»). Der Artikel prangert Kinderpornos an, Rachepornos (z. B. Ex-Partner posten Nacktfotos von der früheren Partnerin) sowie die Videos von Vergewaltigungen und Prostitution, die auf Pornhub gehostet wurden. Die Kolumne löste einen Aufschrei aus.

Über 2 Mio. Unterschriften aus 192 Ländern

Daraufhin startete Mickelwait die Kampagne «Traffickinghub» (trafficking – dt. Menschenhandel / hub – dt. Drehkreuz) und begleitend eine Petition, die dank der sozialen Medien grosse Resonanz fand. «Die Petition verbreitete sich sehr schnell», weiss Garcia. «Jeden Tag haben wir das auf den sozialen Medien befeuert und die Unterstützung nahm schneller zu, als wir uns hätten träumen lassen. Wir waren auf dem Kriegspfad, auf dieser Website haben wir ständig über neue Verbrechen berichtet. Es war ein Berg von Beweisen.» Der kurze Trickfilm, den «Exodus Cry» für Traffickinghub erstellt hatte, wurde 34 Mio. Mal angeklickt, schliesslich gab es für die Petition insgesamt 2,2 Mio. Unterschriften aus 192 Ländern.

Einige Monate später griff Nick Kristof das Ganze auf. Der Pulitzer-Preisträger und Journalist der New York Times veröffentlichte den vernichtenden Bericht «The Children of Pornhub» (dt. «Die Kinder von Pornhub»): «Mit Pornhub haben wir Jeffrey Epstein mal 1000.» Garcia pflichtet bei: «Pornhub war ein Sündenpfuhl für Vergewaltigung, Menschenhandel, sexuellen Missbrauch im Bild und Rachepornos. Wann immer jemand ohne seine Zustimmung in einem Porno gezeigt wird, ist das sexueller Missbrauch durch Bilder – es sei Vergewaltigung, Prostitution oder Kindesmissbrauch.»

10 Mio. Videos zurückgezogen

Die Wirkung von Kristofs Bericht war gigantisch: Vier Tage später nahm Pornhub die Download-Schaltfläche von der Website und erlaubte nur noch verifizierten Nutzern, neue Videos hochzuladen – eine grundlegende Änderung des Geschäftsmodells; und nochmals zwei Tage danach stellten Mastercard und Visa den Zahlungsverkehr an Pornhub mit der Begründung ein, die Plattform biete Verbotenes. «Das war heftig», bemerkt Garcia. «Nun konnte man nur noch mit Kryptowährungen zahlen.» Zehn Tage später zog Pornhub 10 Mio. Videos zurück, das war 80 Prozent der Website – alles, was von nicht-verifizierten Nutzern stammte.

«Als Grund für diesen Schritt nannte das Unternehmen ‚Exodus Cry‘ und die Traffickinghub-Kampagne.» Nur zwei Wochen nach dem Kristof-Artikel wurde MindGeek (Pornhub-Eigentümer) von 50 Frauen auf 40 Mio. Dollar Schadensersatz verklagt. Sie behaupteten, das Unternehmen habe wissentlich Profit geschlagen aus ihrem Sexhandel-Horror; daraufhin begann ein grosser Konkurrent von Pornhub, xHamster, seine Website zu ändern: Der Knopf zum Herunterladen wurde entfernt, ungeprüfte Inhalte gelöscht.

190 Opfer verklagen das Unternehmen auf über 1 Mrd. Dollar

MindGeek geriet weiter in Bedrängnis: In sieben Verfahren klagen über 190 Opfer auf über 1 Mrd. Dollar. «Mal sehen, wie lange sie das aushalten», sagt Garcia. «Seit über einem Jahr hängen sie schon in den Seilen. Der letzte Nagel im Sarg könnte sein, wenn sie ein paar dieser Prozesse verlieren.» Letztes Jahr traten nach zehn Jahren der Vorstandsvorsitzende und Geschäftsführer von Pornhub zurück und bei MindGeek kam es zu Massenentlassungen.

Garcia hat keinen Zweifel: Die Marke Pornhub ist irreparabel geschädigt und dies verändert das Pornogeschäft. Er vergleicht es mit einem Baum: «Die Wurzeln, das sind Männer, die unerlaubte und kriminelle sexuelle Handlungen verlangen, zum Stamm gehören Pornofirmen, die die Ausbeutung dulden oder erleichtern.» Die bittere Frucht des Baumes, das sind «all die zerstörten Menschenleben, die Opfer von Menschenhandel, die Opfer von sexuellem Missbrauch und Übergriffen; das alles gehört zusammen. Wir wollen den Baum der Ausbeutung ausreissen: Menschenhandel, Prostitution und kommerzielle sexuelle Ausbeutung gehören abgeschafft!»

Zur Website:
Freiheit von Pornografie-Sucht

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Quelle: Joel-News / Exodus Cry

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