«Eine Ideologie lässt sich kaum auslöschen»
Faustus Furrer war Verteidigungsattaché in Israel, seither lässt ihn das Land nicht mehr los. Gemeinsam mit seinem Sohn Adi führt er Reisen nach Israel durch. Dass die beiden die Vorgänge im Nahen Osten verfolgen, versteht sich von selbst. Im Livenet-Talk teilen sie ihre Einsichten.
Unterschiedliche Kriegsführung
«Die beiden Situationen zeigen exemplarisch, wie unterschiedlich Kriegsführung sein kann», sagt Faustus. Einerseits gäbe es die konventionelle Kriegsführung, wo sich Partei A gegen Partei B richtet. Im Gegensatz dazu stehe das Verdeckte, im Untergrund Stattfindende, bei welchem man im Nachhinein nicht so genau weiss, wie und was eigentlich passiert ist. Die Kriegstaktik der Hamas, die aus unterirdischen Anlagen heraus operiert und die israelischen Streitkräfte damit vor ungewohnte Schwierigkeiten stellt, wird an dieser Stelle angesprochen.
Im Talk erklärt Faustus die naheliegende Absicht des Hisbollah Angriffs auf die Golanhöhen und stellt dieser Attacke dann Israels gezielten Schlag gegen einen Hisbollah Anführer gegenüber. Als Experte zeigt er Hintergründe und politische Überlegungen auf, welche hinter solchen Operationen stehen, und drückt grossen Respekt für die technischen Fähigkeiten aus, welche ein solcher Schlag erfordert.
Komplexe politische Überlegungen
Adi beschreibt geopolitische Überlegungen, die hinter Israels Eliminierungsaktion gestanden haben. Da ist einerseits die Haltung der USA, die gerade im Wahlkampf des nächsten Präsidenten stehen. Um eine Eskalierung zu vermeiden, sieht sich die Biden/Harris-Regierung durch die gestiegene Spannung gezwungen, sich wieder mehr auf die Seite Israels zu stellen, wobei Adi bezweifelt, dass dies aus Nächstenliebe zu Israel geschieht, sondern vielmehr vom Wahlkampf motiviert ist. Auch die Erstarkung der BRICS-Staaten wird auf globaler Ebene in diesen Konflikt hineinspielen und eine Rolle gespielt haben. Und dann gab es noch viele andere Faktoren und Einflüsse zu bedenken.
Im Talk wird über die Frage nach den militärischen Chancen Israels in einem offenen Krieg, der notwendigen Unterstützung durch andere Länder, die geschwächte Hamas und die globalen wirtschaftlichen Konsequenzen gesprochen. Zu letzterem Punkt gibt Faustus konkrete Beispiele, was eine Schliessung gewisser Handelswege auch für die Schweiz bedeuten würde.
Der Gerechtigkeit Genüge tun
Die Verantwortlichen für den Tod unschuldiger Zivilisten zu eliminieren, ist eine israelische Handlung für Gerechtigkeit. Faustus erklärt die stark ausgeprägte jüdische Haltung, welche ausdrückt: «Wir lassen unsere Leute nicht ermorden und umbringen, ohne diejenigen, welche das veranlasst haben, zur Rechenschaft zu ziehen.» Diese Motivation sei stark und so würden Anführer ausgelöscht, obwohl allen klar ist, dass an deren Stelle sofort die nächsten nachrücken.
Der Kampf gegen den radikalen Islam
«Eine Ideologie lässt sich kaum auslöschen», betont Adi. Die Vorstellung, dass Israel der kleine Satan und die USA der grosse Satan ist, ist in radikal islamischen Kreisen stark etabliert und wird wohl noch längere Zeit zu Gewaltbereitschaft führen. «Der radikale Islam wird auch bei uns stärker», sagt Adi und ergänzt, dass in der Schweiz, verglichen mit einigen Nachbarländern, recht gut damit umgegangen wird. Trotzdem hält er fest: «Meines Wissens hat sich der Islam in der Geschichte noch nie integriert.» Er integriere sich nur, solange er schwach ist. Doch sobald er stark genug sei, ergreife er die Macht. «Es lohnt sich, genau hinzuschauen und sich zu fragen, wo sich die westliche Toleranz mit dem radikalen Islam beisst.» Klar unterscheidet er den radikalen Islam aber vom gemässigten Islam, bei welchem er die Religionsfreiheit entschieden hochhalten will.
Und wie sollten Christen stehen?
Adi gibt an, noch immer damit zu ringen, wie er sich aufgrund seines Glaubens im Nahostkonflikt positionieren soll. Es bereitet ihm Mühe, wenn gewisse Christen 30'000 getötete Palästinenser kleinreden. «Als Christ kann mir dies nicht egal sein und als Jesusnachfolger habe ich eine Botschaft des Friedens.» Er glaubt, dass Christen sich für den Frieden starkmachen müssen.
«Wir brauchen eine gute Sicht zur islamischen Welt», sagt Adi gerade im Hinblick auf die christliche Mission. «Wir dürfen die Menschen aus dem Orient nicht aus den Augen verlieren.» Einerseits will sich Adi zu Israel stellen, trotz allen kritischen Fragen, die er hat. Andererseits will er aber auch den Muslimen die Hand reichen.
«Ich erwarte von Christen, dass sie andere Menschen respektieren», ergänzt Faustus. «Sie sollen nicht denken, dass sie alles besser wissen als alle anderen. Und sie sollten sich erst einmal ins Leben anderer Menschen hineinversetzen.»
Sehen Sie sich hier den Talk zu Israel an:
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