Freikirchen wirken positiver in der Gesellschaft

Freikirchen wirken sich positiv auf die Gesellschaft aus.
Eine 2024 durchgeführte Studie zeigt, dass Freikirchen in der Schweiz ein besseres Image haben. Ein Drittel der Bevölkerung hat positive Erfahrungen gemacht, besonders bei den 18- bis 39-Jährigen.

«Kirchenaustritte haben sich verdoppelt», «Nach Missbrauchs-Skandal: Jeder 20. Katholik tritt aus der Kirche aus» oder «Kirchenaustritte auf Allzeithoch»: In den letzten Monaten war das Thema Kirche von negativen Schlagzeilen geprägt. Diese Entwicklung verwundert Peter Schneeberger als Präsident des Dachverbands Freikirchen.ch nicht: «Die Säkularisierung erreicht immer mehr die ganze Gesellschaft. Kinder werden nicht mehr getauft, es wird nicht mehr in der Kirche geheiratet und auch Beerdigungen finden oft im engsten Familienkreis statt. Damit verliert die Gesellschaft das christliche Fundament, auf das sie gegründet wurde.» In diesem Umfeld wurde vom Forschungsinstitut gfs-zürich jetzt nach 2016 eine zweite Studie mit den gleichen Fragen durchgeführt. Dabei wurden die Daten für die Romandie zum ersten Mal erhoben.

Heilsarmee bleibt bekannteste Freikirche

Der Bekanntheitsgrad der Freikirchen hat insgesamt nicht zugenommen: 38 Prozent der Deutschschweizer Bevölkerung und 55 Prozent der Westschweizer Bevölkerung kennen keine Freikirchen. «Wir sind in der Öffentlichkeit nicht so bekannt, das stimmt. Die Medien berichten nur selten über uns», erklärt Christian Kuhn, Präsident des Réseau évangélique Suisse (RES), das 250 Freikirchen in der Romandie vertritt. Spontan fallen der Schweizer Bevölkerung nur wenige Namen von Freikirchen ein: Freie Evangelische Gemeinde, Chrischona (neu Viva Kirche) und Heilsarme erhalten in der Deutschschweiz am meisten Nennungen. In der Westschweiz denkt die Bevölkerung spontan am häufigsten an die Evangelisch-methodistische Kirche (EMK), die Heilsarmee und die Union évangélique d’Églises baptistes de Suisse Romande. Ein hoher Anteil der Antworten weist der Punkt «andere Freikirchen» auf. Da werden teilweise auch Landeskirchen aber auch Sekten zu den Freikirchen gezählt. Das ist ein Indiz, dass es der Bevölkerung nicht immer leichtfällt, Landeskirchen, Freikirchen und Sekten eindeutig zu unterscheiden. Auf die gestützte Frage «Ich nenne Namen von Freikirchen, welche kennen Sie, wenn auch nur dem Namen nach?» ragt die Heilsarmee mit 86 Prozent (D-CH 86 Prozent, W-CH 85 Prozent) wie schon 2016 klar heraus. Es folgt die Freie Evangelische Gemeinde (59 Prozent, nur D-CH), die Baptistengemeinde (55 Prozent, nur D-CH) und die Evangelisch-Methodistische Kirche (53 Prozent, D-CH 54 Prozent, W-CH 49 Prozent). 

Mehr positive Erfahrungen aus persönlichen Kontakten

2024 haben 32 Prozent (2016: 27 Prozent) oder rund ein Drittel der Schweizerinnen und Schweizer positive Erfahrungen mit Freikirchen gemacht. Bei der Erfahrung aus persönlichen Kontakten mit Christen aus Freikirchen waren es 2016 noch signifikant weniger (27 Prozent). Dieser Wert liegt in der Deutschschweiz (35 Prozent) höher als in der Romandie (24 Prozent). In der Westschweiz wurden aber nicht etwa mehr negative (10 Prozent), sondern häufiger keine Erfahrungen (66 Prozent) gemacht. Bemerkenswert ist, dass mehr Menschen zwischen 18 und 39 Jahren (31 Prozent) diese positiven Erfahrungen teilen als noch 2016 (18 Prozent). Auch überwiegen bei ihnen die positiven im Vergleich zu negativen Erfahrungen im Vergleich mit anderen Altersgruppen deutlich. Peter Schneeberger dazu: «Ich vermute, dass diese Generation am wenigsten öffentliche Medien konsumiert. Dadurch haben sie weniger ein gefärbtes Bild; der persönliche Kontakt spielt bei ihnen eine grössere Rolle.»

Eher positiver als negativer Beitrag für Gesellschaft

Jede fünfte befragte Person (20 Prozent) attestiert den Freikirchen einen positiven Beitrag für ein funktionierendes Zusammenleben. Diese Betrachtung ist gegenüber der Befragung von 2016 (19 Prozent) stabil geblieben. Sie fällt 2024 auf dem Land (24 Prozent) und in der Agglomeration (21 Prozent) signifikant höher aus als in der Stadt (13 Prozent). Der Wert liegt in der Romandie (22 Prozent) etwas höher als in der Deutschschweiz (19 Prozent), wobei dieser Unterschied nicht signifikant ist. Auch erfahren tendenziell mehr Menschen mit tieferer Bildung (24 Prozent) diesen positiven Beitrag als Menschen mit höherer Bildung (19 Prozent). 

Anliegen der Freikirchen werden anders wahrgenommen

Freikirchen wirken 2024 weniger als Moralapostel: 2016 standen auf die gestützte Frage «Für welche Anliegen engagieren sich die Freikirchen besonders?» noch stark die moralischen Punkte «gegen Abtreibung» (2024 33 Prozent; 2016 35 Prozent), «gegen Homosexualität» (2024 25 Prozent; 2016 32 Prozent) und vor allem «gegen Sex vor der Ehe» (2024 21 Prozent; 2016 39 Prozent) im Vordergrund. Dieses Jahr zeigt sich demnach ein gemischtes Bild: Die drei genannten Punkte sind teilweise stark rückläufig. «Gegen Sex vor der Ehe» ist sogar fast um die Hälfte zurückgegangen. Dafür werden den Freikirchen 2024 Attribute wie «Gegen Armut und Hunger in dieser Welt» (2024 31 Prozent; 2016 26 Prozent), «Für das Gemeinwohl» (2024 27 Prozent; 2016 31 Prozent) und «Für soziale Gerechtigkeit» (2024 23 Prozent; 2016 20 Prozent) etwas stärker attestiert.

Das Thema Abtreibung hält sich hartnäckig an der Spitze. Das verwundert Peter Schneeberger nicht: «Dazu können verschiedene Vorkommnisse beitragen. So der der jährliche ‘Marsch für’s Läbe’ und vor allem das Urteil des obersten Gerichts in den USA, welches 2022 das landesweit geltende Recht auf Schwangerschaftsabbrüche gekippt hat. Aber auch ein Gesetzesartikel in Italien und grosse Diskussionen in Frankreich zeigen, dass das Thema viele bewegt.»

Ambivalentes Bild

Im Vergleich zu 2016 nimmt die Schweizer Bevölkerung die Freikirchen etwas weniger als «sozial engagiert» oder «gesellschaftsrelevant» wahr. Auch werden Freikirchen vermehrt als «rückständig» angesehen. Für Peter Schneeberger ist dies nicht weiter verwunderlich: «Hier drückt die Säkularisierung voll durch. Für viele in der Schweiz sind Kirchen nicht mehr wichtig.»

Dafür ist das Attribut «engagiert für das Gemeinwesen» stabil geblieben, wenn auch auf eher tiefem Niveau. Und Freikirchen werden leicht weniger «frömmlerisch», «sektiererisch» oder «fundamentalistisch» bezeichnet als noch 2016. gfs-Projektverantwortliche Andrea Umbricht stellt hier eine gewisse Ambivalenz fest: «Freikirchen polarisieren – gewisse stimmen diesen Eigenschaften von Freikirchen zu, andere gar nicht. Die Zustimmungswerte bewegen sich auf einer Skala von 1 bis 5 alle um die Mitte.» Sie liegen 2024 zwischen 2,4 und 3,3 von fünf Punkten. 

Fazit: Vergleich von 2016 und 2024

Insgesamt ist das Bild der Freikirchen in der Schweiz besser geworden. Ein paar scharfe Vorbehalte haben abgenommen. So werden Freikirchen tendenziell weniger als frömmlerisch und sektiererisch bezeichnet. Der Trend verläuft aber nicht geradlinig in eine Richtung. So haben Werte wie sozial engagiert oder gesellschaftsrelevant abgenommen. Peter Schneeberger sieht daher weitere Arbeit vor sich: «Alles in allem bin ich froh, dass man Freikirchen weniger stark gegen moralische Dinge sieht. Es ist aber noch nicht allen klar, wofür wir uns wirklich engagieren.»

Zur Website:
Freikirchen.ch

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Autor: Peter Schneeberger
Quelle: Freikirchen.ch

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