Ein Turnier zwischen Sport und Leid

Vor allem in den Rotlichtvierteln rechnen Experten mit deutlich mehr Zulauf während der Fussball-EM
Am 14. Juni beginnt die Fussball-EM in Deutschland. Die Menschen freuen sich auf ein «Sommermärchen». In Vergessenheit gerät dabei eine Schattenseite des Turniers.

Für einen Grossteil der europäischen Fussball-Fans dürfte das Turnier der Höhepunkt des Jahres werden. Egal ob Stadionatmosphäre, Biergarten oder Public-Viewing: Landauf, landab wird die Stimmung ausgelassen sein. Zudem laden die deutschen Testspielergebnisse in diesem Jahr zum Träumen ein. Siege gegen Frankreich und die Niederlande, inklusive der neuen Torhymne «Major Tom», die Thomas Müller gar vor Anpfiff bereits trällerte und die in den sozialen Netzwerken die Euphorie weiter anheizt – auch wenn sie aufgrund der UEFA-Regularien bei der EM nicht zu hören sein wird.

Doch die EM hat auch Schattenseiten. Denn seit Monaten warnen Organisationen vor einer noch höheren Ausbeutung von Prostituierten, als sie ohnehin in Deutschland stattfindet. Die Bundesrepublik gilt als «Bordell Europas» und Drehscheibe für Zwangsprostitution und Menschenhandel. Nun könnten sich die Zustände weiter verschlechtern.

Der «Bundesverband Nordisches Modell» rechnet mit einer Zunahme von Zwangsprostitution während der Fussball-EM. Diese Warnung kommt nicht überraschend. Bereits beim letzten grossen Fussball-Turnier in Deutschland, dem «Sommermärchen» 2006, wies das EU-Parlament auf die Zunahme von Prostitution im Rahmen eines solchen Grossevents hin.

Anstieg der Zwangsprostitution erwartet

Diese Erfahrung machte damals auch Gerhard Schönborn, der heute der Vorsitzende der christlichen Hilfsorganisation «Café Neustart» ist. Zur WM seien beispielsweise Bulgarinnen extra nach Berlin geschafft worden, um nach dem Turnier wieder in ihre Heimat verbracht zu werden. Mit einem ähnlichen Szenario rechnet er auch bei der diesjährigen EM.

Und auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) erklärte gegenüber PRO, dass mit einer steigenden Nachfrage zu rechnen ist. Ein Grund dafür sei, dass viele Menschen, in deren Heimatländern wie Schweden Prostitution verboten ist, nach Deutschland kommen. Auch deswegen sei mit einem Anstieg von Zwangsprostitution zu rechnen. Mit Hilfe von vermehrten Kontrollen in Bordellen und anderswo gegenzusteuern, sei dagegen unrealistisch. Schliesslich habe die Polizei mit der Sicherung von Stadien, Fanmeilen oder mit Terrorabwehr schon alle Hände voll zu tun.

Rote Karte für Freier

Um auf die Problematik aufmerksam zu machen, haben mehrere Organisationen die Aktion «RoteKarteFürFreier» ins Leben gerufen. Damit wollen die Initiatoren auf die Missstände aufmerksam machen und Menschen ermutigen, auf Social Media sich gegen Zwangsprostitution zu positionieren. Dazu ist jeder eingeladen, ein Foto von sich und einer roten Karte mit der Aufschrift «#RoteKartefürFreier» in den sozialen Medien zu posten. Die Karten können auf der Website vom «Bundesverband Nordisches Modell» bestellt werden.

Dieser Artikel erschien bei PRO Medienmagazin.

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Autor: Johannes Blöcher-Weil / Martin Schlorke
Quelle: PRO Medienmagazin

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