Christen: Selbstzensur an den Universitäten
Der Film «Self-Censored» porträtiert neun Studentinnen und Studenten aus sieben Ländern, die an europäischen Universitäten studieren und es in unterschiedlichem Masse als schwierig empfinden, an ihren Hochschulen über ihren Glauben und ihre Überzeugungen zu sprechen. Sie kommen aus Belgien, England, Frankreich, Wien, Spanien, Ungarn, Deutschland, Irland und Peru und machen über ihre Konfessionen und nationalen Unterschiede hinweg ähnliche Erfahrungen: Sie halten ihre Gedanken und Meinungen zurück oder verbergen ihren Glauben – aus Angst vor Konflikten, Ablehnung oder anderen Konsequenzen. Sie praktizieren diese «Selbstzensur», die im offenen Widerspruch zu einer freien Wissenschaftskultur steht, um als Christen nicht diskriminiert und gesellschaftlich akzeptiert zu werden. So fand sich Mary aus Nordirland in einer Vorlesung mit einem atheistischen Professor wieder, der «schreckliche Behauptungen» über den Gott der Bibel aufstellte. «Ich wollte nicht mit 300 anderen Leuten in einem Hörsaal sitzen, die lachten und es lustig fanden», sagt Mary. «Ich fühlte mich wie 'Ich gegen den Rest der Welt' und hatte das Gefühl, meine Meinung nicht sagen zu können.»
Valeria aus Peru begann sich selbst zu zensieren, als sie ihr Studium begann. «Ich erinnere mich, dass ich es nicht verheimlicht habe, aber ich war definitiv nicht ... offen darüber», sagte sie. «Ich hatte schon die Einstellung: `Ich werde einfach nichts sagen`».
Yusuf studiert in Ungarn, ist aber in Nigeria geboren. Er erklärte, dass seine Erziehung in Nigeria eine Rolle bei seiner Selbstzensur spielt. «Die Situation im Norden Nigerias hat sich verschlechtert», sagte Yusuf. «Wenn es ein Ereignis gibt, das einen Aufstand auslösen könnte, müssen Christen normalerweise um ihr Leben fürchten.» Diese Einstellung nahm er mit in sein Studium – verstärkt durch die Annahme, dass der Glaube eine «Privatsache» zwischen ihm und Gott sei.
Markus aus Wien meinte schliesslich: «[Das Christentum] ist ein grosses Thema an der Universität, aber es ist so schwer, darüber zu sprechen.»
Drohungen und Einschüchterungen
In Spanien war Mafe die einzige Studentin, die sich gegen Abtreibung aussprach, als einer ihrer Professoren das Thema in der Vorlesung ansprach. «Der Professor wollte eine Diskussion in Gang bringen ... aber es wurde ein Angriff», sagte sie. «Nach dieser Diskussion erhielt ich, weil ich die Einzige war, eine Morddrohung: 'Ich kenne die U-Bahn, mit der du jeden Tag fährst, also sei vorsichtig.'» Mafe musste einen Monat lang von Polizisten nach Hause eskortiert werden. «Sie haben mir immer ein schlechtes Gewissen gemacht, wenn ich meine Überzeugungen oder meine Lebensweise mit anderen geteilt habe», sagt sie. «Mit der Zeit habe ich gelernt, sehr vorsichtig zu sein mit dem, was ich sage.»
Mary war auch Mitglied der Pro-Life-Gruppe an ihrer Universität und betreute deren soziale Medien. Sie erhielt ständig Morddrohungen und bösartige Kommentare von Nutzern, die deutlich beschrieben, wie sie ihr schaden würden. «Ich bin gerne bereit, meine Überzeugungen zu teilen, aber wenn das zu solchen persönlichen Angriffen führt... Es ist sehr schwierig, auf dem Campus herumzulaufen, wenn die Leute wissen, wer man ist», sagt sie.
Valeria glaubt, dass solche persönlichen Angriffe bis zu einem gewissen Grad normal geworden sind: «Ich schätze, [solche Dinge] werden nicht als Aggression angesehen.»
Einfach den Mund halten?
«Ich bin seit 16 Monaten am selben Arbeitsplatz und ich glaube nicht, dass sie wissen, dass ich Christ bin», sagt Wouter aus Belgien. «Ich verstecke es nicht, ich spreche nur nicht darüber.»
Valeria ist mit diesem Ansatz nicht einverstanden. Sie ist der Meinung, dass dies für die christliche Identität nicht akzeptabel sei: «Glaube, was du willst, aber behalte es für dich» führe zu einer Trennung von Leben und Glauben. «Du machst das hier und dein Glaube ist ein Nebenschauplatz – ich denke, das ist ein No-Go.» Sie und die meisten anderen sehen ihren christlichen Glauben als integralen Bestandteil ihrer Persönlichkeit und nicht als etwas, das sie für sich behalten müssen.
Trotzdem darüber reden
Sixtine aus Frankreich hatte eine Mitbewohnerin, die Atheistin war. Am Ende ihres gemeinsamen Jahres sagte ihre Mitbewohnerin, dass Christen nicht so seien, wie sie es sich vorgestellt hatte. «Ich glaube, [meine Mitbewohnerin] dachte, wir wären wirklich extrem in unseren persönlichen und politischen Ansichten, in allem», sagte Sixtine. «Als sie mit mir zusammenlebte, merkte sie, dass das überhaupt nicht der Fall war.»
Sara aus Deutschland dachte früher, Christen seien langweilig. «Ich hätte nie gedacht, dass ich da mal reinkomme und es mir gefällt» sagte sie. Jetzt ist sie eine Nachfolgerin Jesu, liebt ihren Glauben und teilt ihn mit anderen. «Ich habe sehr gute Erfahrungen gemacht, wenn man den Mut hat, seine Meinung zu sagen», sagte sie. «Man bringt einfach eine ganz andere Perspektive als die, die die Welt heute in manchen Bereichen hat.»
«Ich bin am besten so, wie ich bin», sagt Sixtine. «Wir leben in einer Welt voller verschiedener Menschen, verschiedener Religionen und verschiedener Kulturen. Das Wichtigste ist, dass du weisst, wer du bist. Sobald man weiss, wer man ist, ist es so wichtig, dass man mit anderen Menschen darüber sprechen kann.»
Fazit: Das öffentliche Bekenntnis zum christlichen Glauben wird im studentischen Umfeld oft als Ärgernis und beleidigend empfunden und kann zu Angriffen und Diskriminierungen führen, darum zensieren christliche Studenten sich häufig. Sie neigen eher dazu, ihren Glauben im privaten Bereich und in persönlichen Gesprächen zu thematisieren.
Sehen Sie sich das Video «Self-Censored» an:
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