Warum die Kirche Jugendliche verliert – und was hilft

Eine Gruppe Jugendliche
Kinderbuch-Autor Krish Kandiah schreibt seit Jahren über die «verschwundene Generation». Doch als seine eigenen Kinder sich von der Kirche abwandten, bekam das Thema für ihn eine neue Dringlichkeit...

«Seit vielen Jahren ist die ‘Überlebensrate’ der Kinder in unseren Sonntagsschulen und Jugendgruppen schlechter als auf der Titanic», schlägt Kinderbuch-Autor Krish Kandiah mit dramatischen Worten Alarm – er untermauert: «Im Jahr 2020 ergab eine Studie der ‘Church of England’, dass die Besucherzahl der 0- bis 16-Jährigen zum ersten Mal unter 100’000 gesunken war.»

Ein Rückgang von 20 Prozent innerhalb von fünf Jahren; der Verlust bei den Erwachsenen betrug «nur» zwölf Prozent. Dieser überproportionale Verlust wirkt sich mittlerweile auf die Anzahl der verbliebenen jungen Erwachsenen aus.

Krish Kandiah nennt vier Gründe – und mögliche Lösungen:

1. Kämpfe um den Glauben

Viele junge Menschen dekonstruieren ihren Glauben ohne die Unterstützung von anderen, die andere Perspektiven und eine stärkere Theologie mit einem tieferen Verständnis haben. Leider ist es danach oft schwierig, ein robustes Glaubenssystem zu rekonstruieren, das auf lange Sicht funktioniert, vor allem, wenn man es alleine tut.

2. Kämpfe mit Verrat und Enttäuschung

Ich treffe viele junge Erwachsene, die sich von der Kirche und ihren Leitern im Stich gelassen fühlen. Dies ist nicht überraschend angesichts der jüngsten Schlagzeilen über hochkarätige Leiter wie Mike Pilavachi, Ravi Zacharias und zu vielen anderen.

Ihr öffentliches Versagen deutet darauf hin, dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu weit verbreiteten, nicht gemeldeten und privaten Fällen von Mobbing, Frauenfeindlichkeit und Missbrauch kommt. Einige dieser enttäuschten und desilusionierten jungen Erwachsenen haben die Gemeinden verlassen, während sie immer noch versuchen, an ihrem Glauben festzuhalten. Andere haben sich sowohl von der Kirche als auch von ihrem Glauben abgewandt.

3. Kämpfe mit dem Branding

Ob es uns gefällt oder nicht, unsere Kirchen haben ein Imageproblem. Zu viele junge Berufstätige wollen einfach nicht damit in Verbindung gebracht werden und in bestimmte Schubladen gesteckt werden. Das soll aber nicht heissen, dass sich junge Menschen nicht für den Glauben interessieren.

4. Kämpfe mit Langeweile

Bei einer Jugendveranstaltung, bei der ich kürzlich gesprochen habe, wurden die Teilnehmer gebeten, einen Fragebogen auszufüllen. Zu meiner Überraschung kreuzte ein grosser Teil das Kästchen an, das für «ungenutztes Potenzial» stand. Diese Generation wurde inspiriert von Menschen wie Malala Yousafzai und ihrem Einsatz für die Bildung von Mädchen, obwohl die Taliban ihr in den Kopf geschossen hatten. Oder von Greta Thunberg und ihrem Ringen mit dem Klimawandel, trotz ihres Autismus.

Diese neue Generation junger Erwachsener will nicht einfach nur Kirchenbänke füllen. Sie wollen herausgefordert, inspiriert, genutzt, angehört, aktiviert werden. Sie wissen, dass sie etwas Positives in der Welt bewirken können.

Chancen nutzen

Krish Kandiah hält fest: «Man sagt, die beste Zeit, um einen Baum zu pflanzen, war vor 100 Jahren. Und der zweitbeste Moment ist jetzt. Ich glaube, dass wir dieses Prinzip auf unseren Umgang mit jungen Erwachsenen anwenden können. Es ist noch nicht zu spät, sie zu inspirieren und zu befähigen, Gott in ihren täglichen Aktivitäten zu dienen.»

Sein Rat lautet: «Wir können damit beginnen, Wege zu finden, um den Wert und das Potenzial aller Kinder und Jugendlichen anzuerkennen und ihnen zu zeigen, dass sie willkommen sind. Ich denke, wir können neue Wege finden, wie sie ein robustes und klares Verständnis vom Glauben entwickeln können und auch Fragen stellen dürfen. Dann können sie ‘freigelassen’ werden, um in ihren Positionen in Unternehmen, im Gesundheitswesen, im Bildungswesen und überall sonst, wo sie sich gerade befinden, ihre Spuren für das Evangelium zu hinterlassen. Ich glaube, dass mit Ermutigung und Zusammenarbeit aus der fehlenden Generation eine missionarische Generation werden kann.»

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Autor: Krish Kandiah / Daniel Gerber
Quelle: Premier / gekürzte Übersetzung: Livenet

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