Was gibt Halt im Leben?
«Wenn ich in meiner grossen Lebenskrise nicht Jesus gehabt hätte, dann wüsste ich nicht, wo ich heute wäre…» Aussagen wie diese hört man immer wieder, und es geht auch gar nicht darum, diese Erfahrung zu schmälern. Allerdings kann es hilfreich sein, konkreter zu werden, damit «Jesus ist der Halt in meinem Leben» kein Mantra wird, das man so oft wiederholen muss, bis man es selbst glaubt. Tatsächlich hilft noch manches andere mit, um innerlich stabil zu werden.
Unsichere Zeiten
Momentan scheint gerade eine Krise zu viel zu herrschen: Nach der Corona-Pandemie kam der Ukrainekrieg und längst beherrschen Klimakrise, Wohnungsnot, Inflation und Gewalt in der Gesellschaft das Denken vieler Menschen. «Zukunftsängste breiten sich aus, weil es der Politik bisher an beruhigenden Signalen, die Zuversicht verbreiten, mangelt», zog der Zukunftsforscher Horst Opaschowski als Fazit einer aktuellen Studie seines Instituts für Zukunftsforschung. Alles scheint im Fluss und nur sehr wenig ist sicher. Das beeinflusst nicht nur Privatpersonen wie die oben erwähnten, sondern auch Politik und Wirtschaft. So titelte der SPIEGEL im April: «IWF warnt vor langer Krise für die Weltwirtschaft».
Sehnsucht nach Halt
Wer sein Leben als ruhig und stabil wahrnimmt, sucht keinen besonderen Halt, wer dagegen den Eindruck hat, dass er gerade rückwärts mit verbundenen Augen eine rutschige Steigung bewältigen soll, der sehnt sich geradezu nach etwas, woran er sich festhalten kann. Angebote dafür gibt es viele, der Markt der Sinnstifter ist gross. «Finde deine innere Mitte», rufen sie den Menschen zu. «Verankere dich in dir selbst, atme tief ein und aus und nimm den Boden bewusst wahr, der dich trägt.» Nichts davon ist ganz verkehrt, aber das meiste geht an der Lebenswirklichkeit derjenigen vorbei, die wirklich Halt suchen. Doch wie gewinnt ein Herz Festigkeit? Wie lassen sich Zukunftsängste überwinden? Wie kann trotz der kleinen und grossen Katastrophen des Lebens weitergehen?
Die Bibel spricht in diesen Zusammenhängen öfter von Gnade, also einem bedingungslosen, guten Geschenk, das Gott gibt. Dies ist nicht das Versprechen, dass alles gut ausgeht, aber es ist die Zusage Gottes, da zu sein und zu bleiben. Der Schreiber des Hebräerbriefs hat diese menschliche Sehnsucht und Gottes Antwort darauf in die Worte gefasst: «Es ist gut, dass das Herz fest wird, was durch Gnade geschieht.» (Hebräer, Kapitel 13, Vers 9)
Eigene Krücken ablegen
Wie wir als Menschen Halt im Leben suchen, entwickelt sich unter anderem in den ersten Lebensjahren. Unsere Umgebung prägt uns darin, was uns verunsichert oder bestärkt, und wir entwickeln Verhaltensmuster, um nicht nur mit Liebe, sondern auch mit Verletzungen umzugehen. Diese innere Stabilität kann sehr unterschiedlich entstehen, hat ihre Wurzeln allerdings oft in dem, was die Psychologie als «Überkompensation» bezeichnet. Eigene Minderwertigkeitsgefühle sollen dabei zum Beispiel durch besonders starkes Übernehmen von Verantwortung ausgeglichen werden. Gerade wenn Belastungen oder Unsicherheiten zu gross werden, kommen wir mit dieser erlernten Stabilität jedoch an unsere Grenzen. Da tut es gut zu sagen: «Gott, ich weiss, dass ich das nicht leisten muss.»
Miteinander vorangehen
Als Menschen sind wir auf Gemeinschaft angelegt, was bedeutet: Allein funktionieren wir nicht richtig. Diese Vervollständigung durch andere wird schon im Schöpfungslied besungen. «Das ist endlich Gebein von meinem Gebein und Fleisch von meinem Fleisch!», jubelt Adam über sein Gegenüber (1. Mose, Kapitel 2, Vers 23). Viel später greift Paulus diesen Gedanken auf, wenn er auch von der Gemeinde der Jesusnachfolgenden als einem zusammengehörigen Körper spricht: «So sind auch wir, die vielen, ein Leib in Christus, und als einzelne untereinander Glieder» (Römer, Kapitel 12, Vers 5 Niemand kann alles – niemand muss alles können. Wir sind auf Ergänzung angelegt, darauf, uns gegenseitig weniger zurechtzuweisen, sondern mehr zu stützen, immer im Bewusstsein, dass wir alle begrenzt sind (siehe Galater, Kapitel 6, Vers 1-2).
Gott vertrauen
Das Finden der eigenen Stärke und das Annehmen von Halt durch die Umgebung steht dabei nicht im Widerspruch dazu, dass es letztlich Gott ist, der uns trägt. Die Bibel spricht immer wieder von Menschen, denen diese Perspektive abhandengekommen ist und die deswegen zu Gott geschrien haben. Und sie bezeugt an vielen Stellen, dass Gott sich dazu stellt und uns Halt geben will. Ist «Jesus» die richtige Antwort auf die Frage, wo wir Halt finden? Ja, aber nicht als Pauschalantwort, nicht als frommes Mantra, sondern immer wieder im Angebot Gottes, das Jesaja bereits im Alten Testament in diese Worte fasst: «Bis in euer Greisenalter bin ich derselbe, und bis zu eurem Ergrauen will ich euch tragen. Ich habe es getan, und ich will auch fernerhin euch heben, tragen und erretten.» (Jesaja, Kapitel 46, Vers 4) Das nimmt die Unsicherheiten unserer Zeit nicht weg, aber Gott unterstreicht damit, dass er da ist und bleibt.
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